Es ist gut. Genug.

Ein Selbstversuch in Kapitulation

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Ich persönlich bin ja so eine von denen mit einem schier unstillbaren Hunger nach Inspiration. Am liebsten schwömme ich den lieben langen Tag in einem klaren See aus Einsicht und Durchblick, verfolgt von tanzenden Sonnenstrahlen freudiger Inspiration.

Zugegebenermaßen fische ich dann doch häufig in einem trüben Dümpel äußerer Eindrücke oder spaziere zwischen Bäumen und sehe den Wald nicht.

Und dann kommt da plötzlich ein Artikel von Stefan Hiene daher mit einem Eingangszitat, das mich trifft wie ein Blitz:

Ich kann mir nur Frieden wünschen, wenn ich mit etwas im Krieg bin.“

Margarete Hohner

Boom. Abgefahren. So einfach. So klar. Da sind sie, die glitzernden Sonnenstrahlen auf dem erfrischenden Wasser.

Potztausend wie oft hab ich mich schon Sachen sagen hören von „ich wünsch mir eine friedlichere Beziehung zu meinem Kind“ bis hin zum globalgalaktischen Weltfrieden.

Kommen wir auf den Punkt: Friedliche Beziehung zu meinem Kind.
Wenn zwei tief emotionale Temperamente aufeinander prallen, von denen das eine Hier und Jetzt lebt und das andere Raum und Zeit braucht… ratet, wer hier wer ist…

dann kann schon mal den lieben langen Tag ein hitziges Contra das nächste wilde „Ich will aber so“ jagen. Und die wylde Jagd hetzt über den Himmel und kommt nicht zur Ruhe bis einer weint – und das ist mitnichten immer das Kind.

Und dann sagt Stefan Hiene einfach: Kapituliere.

Das heißt nicht, es ist mir egal.
Das heißt für mich: Ich bin nicht betroffen. Ich nehme es an, wie es ist.

Ich persönlich nehm`s ja gern persönlich und mag`s gern anders aus Prinzip. Und genau da liegt der Hase im Pfeffer.

Wenn ich mich persönlich getroffen sehe, fühle ich mich verletzt. Gleich meine ich, es gäbe etwas zu verteidigen, meine Integrität zu schützen. Prompt stecke ich mitten im Gefecht.

Mit. Einem. Kind.

Genauer: Mit meinem Kind. Und ich wundere mich, warum ich manchmal das Gefühl habe, er kämpfe um seine Integrität. Hallo Selbst. Das ist der Kracher.

Richte ich doch gleich einen Laser auf zwei Spiegel. Das wird unkontrollierbar, schießt bis zum Sankt Nimmerleinstag in grotesken Winkeln und wird zur totalen Stolperfalle.

Ok. Animiert zum Selbstversuch in Kapitulation habe ich in der letzten Woche entdeckt:

  1. Ich kann 37 Mal das gleiche Buch von vorne nach hinten und querfeldein vorlesen
  2. Wenn der Bub dann schon ganz und gar müde langsam drüber geht und dennoch „mehr Buch“ wünscht, dann geht auch ein 38. Mal
  3. Und manchmal bleiben Tränen bei aller Kapitulation nicht aus, denn
    • mindestens einer von uns beiden ist müde und erschöpft, wenn die Welt noch so wundervoll und spannend ist
    • Emotionen sind etwas wunderbares. Alle.
    • Nach dem Regen ist die Luft auch wieder klar

 

So, und jetzt wieder auf Anfang. Tabula Rasa. Immer hilfreich.

Mein Kind ist ein Wunder.
Mein Kind ist so unmittelbar, so direkt, so offen und so herzlich.
In ihm steckt so viel Freude, so viel Liebe, so viel schelmischer Quatsch.

Manchmal will er hüh und ich will hot.
Das ist eben so.
Ich kann das sein lassen.
Ihn sein lassen.
Mich sein lassen.
Einfach mal sein lassen.

Es gibt gar nichts zu erreichen.
Alles was zählt ist, was gerade ist. Und so ist es eben.

Alles, was wirklich wichtig ist, ist die helle Freude am da sein. Und dass er da ist.

 

Auf einmal muss ich mir gar nichts mehr wünschen.

Gar nichts muss ich.

Es ist schon gut.

Genug.

Gut genug.

Und beim nächsten Anflug von „Ein bisschen Frieden“ dran denken:

Kapituliere.

 

Hier geht`s zum sagenhaft erhellenden Artikel von Stefan

 

 

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